Achtung: Dieser Blogeintrag repräsentiert lediglich die Gefühlslage und das Empfinden eines einzigen Tages und sollte daher nicht auf die Gesamtsituation verallgemeinert werden.


Was stimmt denn nur mit mir nicht? Da lerne ich einen netten jungen Mann kennen, nur ein paar Jahre älter als ich, mit ähnlichen Vorlieben und Träumen wie ich und was ist? NICHTS! Gar nichts. Ich bin mir sicher, würde ich ihm nur eine Chance geben, könnte er mir gefallen und ich könnte mich vielleicht sogar in ihn verlieben. Aber ich weigere mich. Nicht absichtlich. Nein. Es ist mehr unbewusst. Ich bemerke, dass mir das nicht genügt. Dass ich nicht so eine Beziehung haben möchte. Ich habe ihn über eine Datingapp kennen gelernt und wir schreiben inzwischen schon ein paar Wochen miteinander, wollen uns auch bald treffen; er wohnt nicht weit von mir weg. Aber ich will nicht. An einem Tag gefielen mir seine Ansichten nicht und beinahe hätte ich ihm schon da den Laufpass gegeben, bevor überhaupt etwas gewesen ist. Es liegt nicht wirklich an ihm. Er ist wirklich nett, witzig, offen, sieht auch gar nicht so übel aus. Aber – ja, ich weiß, alles was vor einem Aber kam, ist Müll – ich möchte nicht so etwas haben und das ist dämlich. Denn ich sehne mich nach dieser Liebe, die ich schon so lange nicht mehr empfinde. Diese Art von Verknalltheit, die einen verrückte Dinge tun lässt. Diese Art von Verliebtheit, bei der man nachts nicht schlafen kann, weil man an ihn denkt und ihn vermisst. Diese Art von Verliebtheit, bei der nur er zählt. Gibt es das überhaupt noch? Ich habe das schon so lange nicht mehr empfunden und bin deswegen wohl überhaupt erst den Schritt gegangen, das mit der Datingapp zu probieren. Kann es sein, dass es diese Art Verliebtheit nur gibt, wenn man am Heranwachsen ist? Ich weiß noch, wie schnell ich mich verknallt habe. Früher. Jetzt nicht mehr. Liegt es an mir? Liegt es daran, dass ich enttäuscht wurde und deswegen nicht mehr reagiere? Oder ist es normal, dass man sich weniger verknallt, wenn man älter wird? Ich weiß darauf keine Antworten und deswegen bin ich verunsichert und nicht sonderlich glücklich.

Wenn ich heute Abend ganz tief in mich hineinhöre, bin ich nicht sonderlich glücklich. Und das, obwohl es in der Uni ganz gut läuft, eine gute Freundin von mir zurück ist und ich mich mit meinen alten Freunden für nächste Woche verabredet habe. Es kommt mir vor, als würden sich alle um mich herum bewegen, ich dagegen stehe still. Meine eine Freundin kommt gerade nach zwei Jahren aus Amerika zurück und plant bereits ihre Rückkehr dorthin in ein paar Monaten. Sie sagt selbst über sich, dass sie sich dort gefunden hat und jetzt weiß, wer sie ist. Eine andere Freundin hat eine Ausbildung gemacht, währenddessen eine unglaublich tolle Figur bekommen und auch noch die Liebe ihres Lebens getroffen. Dann wären da noch die Unterhaltungen auf der Arbeit. Oft geht es darum, dass die Kollegen über Leute lästern, die noch Zuhause bei ihren Eltern wohnen. Und an Abenden wie diesen bereue ich es auch zutiefst. An Abenden wie diesen, an denen meine Eltern bei einem Geburtstag tief ins Glas gesehen haben und sich gegenseitig laut und wegen Nichtigkeiten anzicken. An Tagen wie diesen, an denen mir meine Mutter vorhält, ich sei ja vor allem diejenige, die von der Renovierung des Badezimmers oben profitieren wird, weil meine Schwester ja bald auszieht und ich dann die Etage bekomme. Ich sehe es ja ein, dass es – zumindest jetzt gerade während des Studiums – vernünftig ist, nicht auszuziehen. Das Pendeln entspannt mich manchmal sogar. Ich kann bei der Arbeit genau so Schluss machen, dass ich keine fünf Minuten auf den Zug warten muss. Das geht alles. Gerade jetzt, wo ich nicht weiß, ob ich weiter BAföG bekomme, ist es gut, dass ich überschaubare Kosten habe. Und wenn ich ehrlich bin, reizt mich Hannover im Moment gar nicht mal mehr so sehr als Wohnort. Aber in einem Jahr wahrscheinlich werde ich auch einen Master haben und mich dann nach einem Job umsehen. Und wenn ich ehrlich sein will, ist es mir nicht recht, dann Zuhause zu wohnen. Ich finde es schön, immer ein Zuhause zu haben, wo der Platz vorhanden ist, mit Kind und Kegel zu leben. Ja, wirklich. Aber an manchen Tagen fühle ich mich wie erdrückt. Von meiner Familie, den Launen meiner schwangeren Schwester, den Pflichten, Regeln und Vorstellungen, denen ich mich beuge. Ich richte mich danach, was meine Eltern von mir erwarten könnten. Irgendwohin fahren? Hmm, was halten meine Eltern wohl davon? Ich brauche gar nicht lange darüber nachdenken. Die Antwort lautet fast immer nichts.

Heute ist einfach nicht mein Tag. Hoffen wir mal, dass es bald besser wird.

Liebe Grüße,

eure-claudia